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Bürgermeister-Rufer-PlatzWeiterführende Informationen zur Person Georg Rufer (1888-1953)

1888-1919

Georg Rufer wurde als Sohn einer alteingesessenen Schriesheimer Familie am 13. Mai 1888 in Schriesheim geboren. Sein Urgroßvater Jacob bekleidete zwei Mal das Amt des damals noch ehrenamtlichen Bürgermeisters (1839 bis 1840 und 1846 bis 1852). Auch sein Großvater Jakob betätigte sich in der Kommunalpolitik als Gemeinderat. So schien eine Karriere im Gemeindedienst als nicht unwahrscheinlich.

Eine Karriere im Öffentlichen Dienst galt im 19. und frühen 20. Jahrhundert als sehr erstrebenswert. Ein sicherer Arbeitsplatz mit Aufstiegsmöglichkeiten. So machte Georg Rufer eine Ausbildung zum Revisor und konnte seine Kenntnisse und Fähigkeiten an vielen unterschiedlichen Ämtern und Einrichtungen vervollkommnen. Auch während des ersten Weltkrieges blieb Rufer im Verwaltungsdienst. Von 1917 bis 1919 in Waldkirch, Sinsheim und Mannheim. Das Ende des Krieges markierte eine scharfe Zäsur in Deutschland. Das Kaiserreich wurde durch eine Demokratie abgelöst. Auch auf kommunaler Ebene zeichneten sich Veränderungen ab.

1920-1933

Als 1920 der damalige Bürgermeister Karl Hartmann im Amt verstarb, waren Neuwahlen notwendig. Georg Rufer war der einzige Kandidat aus Schriesheim und wurde von allen Parteien unterstützt. Er wurde vom Bürgerausschuss mit 34 zu 23 Stimmen gewählt. Die Besonderheit an dieser Wahl war, dass Schriesheim nun einen hauptamtlichen Bürgermeister (Berufsbürgermeister) hatte.

Rufer übernahm das Amt in schwierigen Zeiten. Er hatte eine ausgezeichnete Ausbildung und eine breitgefächerte Berufserfahrung, sodass er das Rüstzeug besaß, die noch anstehenden Krisen (Wirtschaftskrise, Kriegstrauma, Hyperinflation, später Weltwirtschaftskrise) zu bewältigen. Rufer hatte das Geschick und das Talent seine Ziele durch wechselnden Mehrheiten und kooperative Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Gruppierungen des Gemeinderats zu erreichen.

Einige Meilensteine seiner Kommunalpolitik:

  • Bau von Sozialwohnungen im sogenannten Mühlviertel (Kirchstraße, Friedrichstraße, Bahnhofstraße und Bismarckstraße)
  • 1922: Errichtung des Weißen Kreuzes im Ludwigstal als Mahnmal gegen die schwere Zeit, die damals herrschte
  • 1925: Erster Mathaisemarkt nach 1914
  • 1927: Kriegsgedenkstätte wird eingeweiht
  • 1930: Gründung der Winzergenossenschaft
  • Verbesserungen der Infrastruktur und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen

Bis 1928 könnte man das Gemeindeleben (auch im Rat) in Schriesheim als annähernd harmonisch bezeichnen. Dies änderte sich jedoch als am 17. Mai 1928 die NSDAP-Ortsgruppe Schriesheim gegründet wurde. Der Gründer war der spätere badische Ministerpräsident der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) Walter Köhler aus Weinheim. Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei versuchte sehr bald durch großangelegte Propagandatätigkeit auf sich aufmerksam zu machen, was den Zorn des überzeugten Demokraten Rufer herbeirief. Bevor es zur Eskalation kommen sollte, musste sich Rufer 1929 zur Wiederwahl stellen. Die Zusammensetzung im Gemeinderat hatte sich jedoch verändert. Vereinigungen, die den Nationalsozialisten nahestanden, bildeten nun einen Oppositionsblock. Allerdings ging die Bürgermeisterwahl genauso aus wie neun Jahre zuvor.

Das „Regieren“ wurde immer schwieriger. Nachdem die Weltwirtschaftskrise 1929 ausgebrochen war, erhielten die Nationalsozialisten regen Zulauf. Bei den Gemeinderatswahlen 1930 errangen sie die Hälfte aller Sitze. An eine Zusammenarbeit der demokratischen Parteien samt Bürgermeister war nicht mehr zu denken, zu vergiftet war die Atmosphäre. Georg Rufers Eintreten für die Demokratie im Allgemeinen und Bekämpfung des Nationalsozialismus im Besonderen machten ihn viele Feinde in Schriesheim. Besonders die Fehde mit Ortsgruppenleiter Fritz Urban spielte stark in das Persönliche hinein. „Ehrabschneidende“ Aktionen in der Öffentlichkeit gegenüber den Nationalsozialisten machten Rufer zu einem Helden der Demokraten und zu einem Hassobjekt der Nationalsozialisten.

1933-1945

Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler zum Reichkanzler berufen. Bei den Reichstagswahlen am 05. März 1933 errangen die Nationalsozialisten die absolute Mehrheit. Am Schriesheimer Rathaus wurde eine Schwarz-Weiß-Rote und eine Hakenkreuzfahne gehisst. Rufer ließ daneben noch die offizielle Fahne (Schwarz-Rot-Gold) aufhängen. Im Verlauf des „Fahnenstreits“ vertieften sich die Gräben weiter, sodass die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei drei Tage später einen Antrag auf ein dienststrafliches Verfahren stellte.

Am 22. Juli 1933 beantragte der Ortsgruppenleiter und der von der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei dominierte Gemeinderat beim badischen Innenminister die Absetzung von Bürgermeister Rufer. Dieses Datum wurde nun genau 90 Jahre später 2023 für die Einweihung des Bürgermeister-Rufer-Platzes gewählt. Nach diesem Vorgang, dem Entzug der Polizeigewalt und einem Beurlaubungsschreiben Rufers wurde er am 07. September 1933 wurde er auf Grundlage des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums entlassen. Man versuchte ihm anschließend Dienstverfehlungen nachzuweisen und ihn zu verleumden.

Da er aufgrund seiner politischen Einstellung kaum Möglichkeiten zum Lohnerwerb hatte, klagte er auf seine Pensionsansprüche. Das gipfelte in zahlreichen Prozessen, die erst 1939 beziehungsweise 1942 zugunsten Rufers endeten. Die Pensionen wurden 1943 ausgezahlt. Die körperlichen und seelischen Belastungen dieser Jahre dürften nicht spurlos an ihm vorbeigegangen sein. Auch der Verlust des ältesten Sohnes im Zweiten Weltkrieg und das zunächst ungewisse Schicksal seines zweiten Sohnes, der erst 1949 aus russischer Kriegsgefangenschaft kam, waren sehr belastend.

1945-1953

Die nationalsozialistische Herrschaft fand am Gründonnerstag 1945 (28. März) ein Ende. Schon am Tag danach wurde Georg Rufer von den Amerikanern als neuer Bürgermeister bestimmt. Zum zweiten Mal übernahm Rufer in einer schwierigen Zeit die Amtsgeschäfte. Die ersten Gemeinderatswahlen fanden am 07. Januar 1946 statt. Die Mitglieder des Gremiums wählten am 31. März Georg Rufer einstimmig zum Bürgermeister, der nunmehr nicht mehr aufgrund des Besatzungsrecht im Amt war, sondern nach demokratischen Regeln gewählt wurde.

In den Nachkriegsjahren ging es um grundlegende, existentielle Themen wie die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Heizmaterialien, Wohnungsnot, Vertriebene, Entnazifizierung und vieles mehr. Eine wichtige Quelle der Nachkriegszeit sind die wöchentlichen Lageberichte an die amerikanischen Besatzungsstellen (Counter Intelligence Corps), die Bürgermeister Rufer verfassen musste. In diesen Lageberichten wurde von 1945 bis 1950 über die Schriesheimer Bevölkerung, Versorgungslage, Politik et cetera berichtet. Am 01. Februar 1948 wurde der Bürgermeister zum ersten Mal direkt von der Bevölkerung gewählt. Georg Rufer bekam 70 Prozent der Stimmen. Bereits im September 1952 ist er aufgrund seiner sich rapide verschlechterten Gesundheit zurückgetreten. Etwa ein halbes Jahr später starb er am 03. April 1953.

Stadtverwaltung Schriesheim

Weiterführende ausgewählte Literatur

Ursula Abele, Die Schriesheimer Bürgermeister seit Einführung der badischen Gemeindeordnung von 1831. Teil 3: Rufer, Georg. In: Schriesheimer Jahrbuch 2001, 94-131.